Widerstand gegen Staudammprojekt in Slowenien: Natur oder Strom für den Tourismus?
Unweit des bekannten Ferienortes Bled im Nordwesten Sloweniens plant die staatliche Elektrizitätsgesellschaft „Savske elektrarne d.o.o.“ einen zusätzlichen Staudamm zu bauen, der grosse Teile der unter Naturschutz stehenden Sava-
Schlucht unter Wasser setzen soll. Um dies zu verhindern, haben sich im Januar 1999 UmweltschützerInnen und BürgerInnen im „Committee for Saving the Sava Dolinka River“ formiert. Sie wehren sich dagegen, dass die Investoren die dringend nötige Sanierung des Staukraftwerkes HEPS Moste zum Anlass nehmen, flussabwärts ein zusätzliches Kompensationsbecken zu bauen. Damit könnten die Produktionskapazitäten (vor allem für den Strombedarf zu Spitzenzeiten) von 16,5 auf etwa 45 MW erhöht werden. Verloren gingen aber fast 4 km2 eines äusserst vielfältigen Ökosystems, das zahlreichen geschützten, auf der Roten Liste stehenden Pflanzen- und Tierarten Lebensraum bietet. Während die Investoren auf das touristische Potential des neuen Stausees hinweisen, betont das Oppositionskomitee an seinen öffentlichen Veranstaltungen, dass gerade die intakte Natur und Landschaft die Grundlage einer Tourismusregion sind. Diese Sichtweise wird auch von
der traditionsreichen Tourismusgemeinde Bled geteilt. Nach einer einmonatigen Vernehmlassungsphase bei der Bevölkerung hat der Kommunalrat von Bled anfangs Juni 1999 entschieden, das Projekt zur Überarbeitung an die staatliche Elektrizitätsgesellschaft zurückzuweisen. Er verlangt die Präsentation mehrerer Sanierungsvarianten ohne Kompensationsbecken, die Durchführung einer umfassenden Umweltverträglichkeitsprüfung, den Einbezug der Gemeinde in die Überarbeitung der Generalpläne für die Region Bled und die Beantwortung sämtlicher Fragen und Einwände aus der Bevölkerung. Inwieweit die Gemeinde Bled und das Oppositionskomitee in diesem Stadium noch Einfluss auf das Bewilligungsverfahren nehmen können, ist offen. Den abschliessenden Entscheid fällt das Ministerium für Umwelt. Miran Sagmeister vom Oppositionskomitee schätzt die Situation als ungewiss ein. Zur Zeit sei eine nationale Debatte über eine neue Energiestrategie für Slowenien im Gange, die auf die Privatisierung der Elektrizitätswerke hinauslaufen und damit ganz neue Verhältnisse hervorbringen könnte. Der Widerstand gegen die geplante Erweiterung des Wasserkraftwerks HEPS Moste hat grosse Aufmerksamkeit in den slowenischen Medien gefunden. Das Engagement des Komitees, das inzwischen rund 1400 Mitglieder zählt, geht unterdessen weit über den Schutz eines Naturreservats hinaus. „Wir kämpfen für ein neues Planungsparadigma, das eine lokal angepasste Entwicklung und die Mitwirkung der Lokalbevölkerung gewährleistet“, unterstreicht Miran Sagmeister. /frei
Quellen: Informationsschreiben des „Committee for Saving the Sava Dolinka River“, Janko Rozic, April 1999; Interview mit Miran Sagmeister, Mitglied des Komitees, vom 10.6.99