Wie billig darf s denn heuer sein?
Noch nie war Reisen so billig, heisst es jede neue Saison, und ein Blick in die aktuellen Ferienangebote bestätigt den Werbeslogan. Nach wie vor wird von allen Seiten auf die Preise gedrückt, und die Spirale dreht sich vorerst munter weiter nach unten. Unsere nationale Fluggesellschaft bietet zur Zeit das Retourticket nach New York, Boston oder Buffalo für 590 Franken an, halb um den Erdball nach San Francisco und Los Angeles kostet es 890 Franken. Von gedeckten Kosten kann hier keine Rede sein. Bei vielen Airlines – auch bei der Swissair – ist der reine Flugbetrieb denn auch arg defizitär.
Solange die Fluggesellschaften in ihrem Kampf um Anteile auf dem deregulierten Markt sich die Preise in den Keller konkurrenzieren, nimmt auch das Reisen zu Schleuderpreisen kein Ende. Imholz zum Beispiel kann drei Tage Rom mit Swissair‑Linienflug nur darum für 399 Franken (inklusive Hotel und Frühstück) anbieten, weil der Reiseveranstalter der Swissair weniger als den offiziell niedrigsten Tarif von 429 Franken bezahlen muss ‑ und weil Luftverschmutzung und Lärmbelastung keinen Preis haben. Für Fernreisen lässt sich errechnen, dass der Passagier-Kilometer teilweise für 3 – 5 Rappen verhökert wird. Die durchschnittlichen Flugkosten, wie sie Fachleute aus der Finanzstatistik der Swissair hochrechnen, liegen um das Vierfache über diesem Dumping‑Preis. Da kann die Umwelt nicht mehr lange mithalten. Die im Frühling 1996 vorgelegte Studie des Deutschen Umweltbundesamtes (UBA) belegt, dass der Flugverkehr einen erheblichen – lange unterschätzten – Anteil an den globalen Umweltschäden und der Klimaveränderung hat. Der Ruf nach Kostenwahrheit im Flugverkehr und Besteuerung des Kerosins wird international immer dringlicher erhoben. Würde der Steuersatz des Flugbenzins schon nur dem des Dieslkraftstoffs gleichgestellt, käme ein Flug, nach Thailand 550 Mark teuerer zu stehen, errechnet das UBA. Reisen ist verhängnisvoll billig. Dass es immer billiger wird, ist nicht einfach die Fügung eines anonymen "freien Marktes", sondern die Folge einer ganzen Reihe von Entscheiden, die von Wirtschafts- und Regierungsverantwortlichen auch anders getroffen werden könnten. Korrekturen müssen in erster Linie beim Flugverkehr ansetzen, und dies bevor das Billigreisen allen viel zu teuer zu stehen kommt.