Basel, 22. 10.2012, akte/ Vor zwei Jahren haben wir mit der damaligen Transa-Nachhaltigkeitsbeauftragten Martinka Bühler ein Interview geführt. Es ging damals darum, die Nachhaltigkeitsbemühungen zu systematisieren und zu professionalisieren…
Damals setzten wir unsere Schwerpunkte. Wir unterschieden zwischen dem Kerngeschäft von Transa und den vor- und nachgelagerten Prozessen, erstellten ein Schema der Akteure der Wertschöpfungskette und prüften, mit welchen Interventionen sich Verbesserungen erzielen lassen.
Wie sieht diese professionellere Nachhaltigkeit jetzt konkret aus?
Ein wichtiger Akteur sind die Zulieferer. Wir haben 200 Zulieferer, einige davon sind bereits Zwischenstufen, die verschiedene Marken zusammenfassen. Einige Marken haben Niederlassungen in der Schweiz. Das läppert sich zu einem grossen Aufgabenfeld. Vor etwas mehr als zwei Jahren sind wir der Fair Wear Foundation FWF beigetreten. Diese verlangt von Händlern, dass der Anteil an Zulieferern, die ebenfalls bei der FWF sind und sich an deren Richtlinien halten, stetig steigt. Streng genommen müssten wir mindestens 40 Prozent unserer Ware von Zulieferern, die bei der FWF sind, beziehen. Das ist zwar unser Ziel, ist in der Umsetzung aber nicht so einfach, da es auf dem Markt noch zu wenig Zulieferer gibt, die FWF-Mitglieder sind. Deshalb sind wir ein Experimentalpartner der Fair Wear Foundation, ein Botschafter, der die Fair Wear Foundation bei der Kundschaft und den Produzenten bekannt macht. Als Botschafter kommen für uns andere Richtlinien zur Anwendung. In dieser Rolle stehen wir bei den Detaillisten noch relativ alleine da, sonst sind es eher Berufsbekleidungsfirmen, die der FWF beitreten.
Wie überzeugt ihr eure Zulieferer?
Unsere Strategie ist sanfter Druck. Wir versuchen, schrittweise den Anteil der Ankäufe zu vergrössern, bei der die ganze Zuliefererkette überwacht und kontrolliert ist. Das heisst, wir wollen unsere Lieferanten schrittweise an eine nachhaltige und faire Produktion heranzuführen, ohne sie dabei zu überfordern. Wer bei der FWF Mitglied ist, muss dafür sorgen, dass die Arbeits- und Produktionsbedingungen in Ordnung sind. Einzelne unserer Zulieferer verfügen dazu schon über viel Know-how. Dort ist das einfacher umzusetzen. Vorsichtiger sind grosse Firmen mit vielen Zulieferern und Unterhändlern. Bei klaren Verstössen unserer Zulieferer müssten wir Massnahmen ergreifen, aber bis jetzt sieht es so aus, als ob alle in Richtung mehr Nachhaltigkeit unterwegs sind.
In der Outdoorbranche, hören wir, sei das Thema Nachhaltigkeit voll im Trend.
Transa hat Nachhaltigkeit immer schon gelebt. Es hat mit unserer Philosophie zu tun und ist nicht einfach eine Profilierungsmassnahme. Wir arbeiten auch mit anderen zusammen, zum Beispiel in der europäischen Arbeitsgruppe für Nachhaltigkeit der Outdoorfirmen (Teil der European Outdoor Group). Die ganze Branche will die Nachhaltigkeit zum Laufen bringen, es ist keine Einzelaktion. Aber es ist ein Lernprozess. Es ist zum Beispiel neu, dass branchenweite Strukturen für die Recyclierung von gebrauchten Textilien aufgebaut werden.
Das gehört zur nachhaltigen Nutzung der Produkte. Was tut sich da?
Im Moment bin ich ganz absorbiert von dem Thema: Care, Repair, Rewear, Reuse, Recycle, oder zu Deutsch. Pflegen, Flicken, Weitertragen, Wiederverwenden und Wiederverwerten. Wir sind uns oft bewusst, dass alles, was wir verkaufen, auch irgendwann einmal ausgedient hat und oftmals einfach weggeworfen wird. Deshalb bieten wir an unserem Hauptgeschäft in der Europaallee in Zürich alles an, was es braucht, um den Lebenszyklus eines Produktes zu verlängern und somit Abfall zu verringern und Ressourcen zu schonen: Das fängt an mit den Tipps zur Pflege, denn gut gepflegte Ausrüstung hält länger. Dann bieten wir einen Pflege-, Wasch- und Imprägnierservice für Schlafsäcke und Jacken an. Mit Egon Bär, Spitzname Düsentrieb, haben wir einen Fachmann, der kaputte Waren repariert. Und zwar zum Selbstkostenpreis – wir wollen dabei nicht verdienen, uns ist das Angebot wichtig. Es gehört zum Groove, noch aus der Zeit der Saharareisen. Wir bieten eben nicht Standardlösungen, sondern gehen auf die Einzelanliegen unserer Kunden ein, und wir reparieren nicht nur Eigenes, sondern auch das von Anderen.
Und wenn es sich nicht mehr lohnt, ein Produkt zu reparieren?
Wer ausgediente Ausrüstung und Kleider gereinigt zurück in den Transa-Laden bringt, erhält einen Einkaufsgutschein. Wir spenden neuwertige, noch brauchbare Kleider, Rucksäcke und Schlafsäcke über lokale Hilfswerke wie zum Beispiel der Winterhilfe Schweiz direkt an Hilfsbedürftige. Einen Teil der gesammelten Thermomatten, Jacken, usw. verarbeitet unser Partnerunternehmen Cyclodos direkt wieder in schicke Brillenetuis, Chalkbags und Schuhsäcke, die exklusiv in unseren Transa Filialen erhältlich sind. Produkte, die auch dazu nicht verwendbar sind, gehen zu I:CO, eine Abkürzung für "I collect" (ich sammle). Es ist eine Firma, die auf das Sammeln und Recyceln von Alttextilien spezialisiert ist. I:CO sortiert die Textilien die den obengenannten Zwecken nicht genügen und verarbeitet sie zu Recycling-Fasern, welche in Spinnereien und Webereien für die Herstellung neuer Bekleidung wiederverwendet werden können. Minderwertige Textilien werden zu Putzlappen & Dämmstoffen verarbeitet. Das Ziel von I:CO ist bis 2030 die Recyclingquote auf 100% zu steigern und alle gesammelten Materialien im ewigen Kreislauf zu halten.
Was mache ich als Kundin, der die Nachhaltigkeit wichtig ist, wenn ich mich für eine Bergtour ausrüste?
Ich rate dazu, sich zweimal zu überlegen, ob es etwas Neues braucht – auch wenn das unseren Verkauf nicht gerade fördert. Jedes neue Produkt kurbelt den Materialverschleiss an. Wenn es etwas Neues braucht, dann etwas Hochwertiges. Denn was lange hält, muss nicht nach ein, zwei Jahren fortgeschmissen werden. Möglichst etwas aus einheitlichem Material kaufen, das lässt sich besser recyceln (z.B. reine Wolle oder reines Polyester statt Mischgewebe). Dann solltest du abklären, welches Unternehmen recyclebare Produkte oder solche aus Recyclingmaterial anbietet und in welchem Laden man am besten dazu beraten wird.


Die Fair Wear Foundation ist eine Nonprofit-Organisation mit Sitz in Amsterdam und dem Ziel faire und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie zu fördern; dabei liegt der Fokus auf der Arbeit in den Fabriken und nicht im landwirtschaftlichen Bereich. FWF arbeitet mit Unternehmen aus sieben europäischen Ländern zusammen, darunter solche, die ihre Produkte aus 55 Ländern weltweit beziehen. Wer Mitglied der FWF ist, sorgt dafür, dass in den Fabriken die arbeitsrechtlichen Standards internationaler Organisationen wie der Internationalen Arbeitsorganisation ILO oder die UN-Menschenrechtskonvention eingehalten werden. Zum Verhaltenskodex gehört: Keine Zwangsarbeit, keine Diskriminierung, keine Kinderarbeit; das Recht, Gewerkschaften zu bilden, ein existenzsichernder Mindestlohn, angemessene Arbeitszeiten, sichere und gesunde Arbeitsbedingungen und ein geregeltes Arbeitsverhältnis. Die Einhaltung wird kontrolliert, ArbeiterInnen dürfen Beschwerden einreichen.