Wie kamen Sie auf die Idee, einen Film über den Regenwald zu machen?

Ich bin dem Botaniker Francis Hallé begegnet, der schon seit zehn Jahren einen Film über die Regenwälder verwirklichen will. Er fragte mich, ob mich das Thema nicht interessieren würde. Seinen Enthusiasmus und sein riesiges Wissen zu den primären Regenwäldern haben mich sofort begeistert.

Wie viel wussten Sie über den Regenwald, bevor Sie den Film gedreht haben?

Ich habe Biologie in Lyon und Grenoble studiert und wusste schon viel über Botanik und die Regenwälder. Die Wälder selbst hatte ich vorher aber noch nie bereist. Im November 2010 sind Francis Hallé und ich dann zum ersten Mal nach Französisch-Guayana in Südamerika gereist, und er hat mir die Wälder eröffnet. Er weiss zu jeder Pflanze eine Geschichte zu erzählen, ich hatte vorher noch nie jemanden wie ihn getroffen, der sich so gut in den Regenwäldern auskannte.

Hat sich Ihr Gefühl zum Regenwald durch die Dreharbeiten verändert?

Ich habe im Regenwald wirklich gefühlt, dass der Mensch dieses Biotop gar nicht beherrscht, sondern einfach ein Glied der Nahrungskette ist, und damit sehr verletzlich. Oft kamen wir uns unbeholfen vor – in Peru mussten wir besonders mit den einheimischen Machiguengas über unser eigenes ungelenkes Verhalten lachen. Anfangs fühlte ich mich bedroht in diesen Wäldern, mittlerweile empfinde ich eine tiefe Ruhe, wenn ich mich in diesen Jahrhunderte alten Wäldern befinde. Während der langen Zeit habe ich auch erfahren, dass diese Wälder wirklich der Inbegriff der Artenvielfalt sind, derart reich ist ihre biologische Vielfalt.

Was hat Sie bei den Dreharbeiten am meisten fasziniert?

Am faszinierendsten waren für mich die seltenen Momente, wo wir auf die bis zu 80 Meter hohen Baumgiganten klettern und dann teils über die Baumkronen hinweg blicken konnten. Das Leben dort oben auf dem Kronendach ist ein vollkommen anderes als im tropischen Unterholz: Francis Hallé vergleicht es mit einer reich gedeckten Tafel, wobei die Baumstämme lediglich die Tischbeine sind – erst das Kronendach entspricht dem Tisch mit allen erdenklichen Köstlichkeiten. Die Momente oben über den Wipfeln waren einmalig.

Welches waren die grössten Schwierigkeiten beim Dreh?

Die grösste Herausforderung war natürlich, einen Film über diese Wälder zu drehen, mit 80 Meter hohen Bäumen, wo der Kinobildschirm doch Breitwandformat hat. In dunklen, feucht-heissen Wäldern zu drehen, mit Protagonisten, die sich nicht bewegen, sprach eigentlich gegen jegliche Film-Logik. Und dann musste unser wirklich sehr motiviertes Team unter diesen schwierigen Bedingungen auch noch wochenlang bei Laune gehalten werden. Die Lebensbedingungen waren besonders durch die Parasiten und die feucht-heisse Atmosphäre anstrengend.

Gab es auch gefährliche Situationen?

Wirklich gefährlich waren besonders die giftigen Schlangen im peruanischen Manu-Nationalpark, vor allem die Lanzenotter (Bothrops atrox). Wir haben vor allem zu Beginn des Drehs zahlreiche bis zu zwei Meter lange Exemplare vom Camp entfernt. Das Team musste ständig in Gummistiefeln unterwegs sein, um sich vor Schlangenbissen zu schützen.

Haben Sie während des Drehs im Regenwald übernachtet?

Wir hatten in Peru und in Gabun jeweils Camps aufgebaut. Dort haben dann bis zu 60 Personen bis zu sechs Wochen lang gelebt und gearbeitet, in Zelten geschlafen und in festen Holzbauten gegessen und gearbeitet.

Wie kann man Ihrer Meinung nach die Regenwälder am besten schützen? Glauben Sie, dass Ihr Film dazu beitragen kann?

Mit meinem Film wollte ich Francis Hallé eine Stimme geben, durch meine Bilder dem breiten Publikum diese Wälder näherbringen, ihm von ihrer Magie und Schönheit erzählen. Ich denke, nur wenn viele Menschen mehr über diese Wälder lernen und verstehen, können sie sie schätzen und sogar lieben lernen. Und nur, was man kennt und liebt, möchte man schützen und erhalten. Insofern hoffe ich stark, dass mein Film auf diese Weise zum Schutz der letzten Regenwälder beiträgt.

Glauben Sie, dass die Regenwälder gerettet werden können?

Natürlich habe ich die Hoffnung, dass die letzten Primärwälder noch gerettet werden können. Meiner Meinung nach ist aber auch ein gesellschaftlicher Sinneswandel nötig: Wir müssen unsere Beziehung zur Natur überdenken und ihr mehr Respekt entgegenbringen.
Vielen Dank, Herr Jacquet!