An einem Hearing vom 11. Januar 2010 hörte das Berufungsgericht in New York von einem vollen Zuschauerraum die Standpunkte der Parteien in dem Gerichtsfall, den Opfer schwerer Menschenrechtsverletzung in der Apartheidzeit gegen internationale Konzerne angestrengt hatten. Die folgenden Firmen werden der Beihilfe zu den Verbrechen der Apartheid angeklagt: IBM, Ford, General Motors, Rheinmetall und Daimler. Im Falle von Daimler geht es konkret darum, dass der Konzern Mitte der 80er Jahre, also zum Zeitpunkt der schlimmsten Repression gegen die Bevölkerung und als ein internationales Waffenembargo gegen Südafrika in Kraft war, den Sicherheitskräften im Wissen um deren Einsatz im Dienste der Repression gepanzerte Fahrzeuge verkaufte.
Im Rahmen der deutschen Kampagne weilte der Sprecher der Opferorganisation Khulumani, Tshepo Madlingozi, Ende Januar in Deutschland. Er beschuldigte Daimler, Fahrzeuge und Maschinen geliefert zu haben, die es dem Regime ermöglichten, die Menschen in den Townships zu unterdrücken. Ausserdem habe das Unternehmen Profit mit dem Verkauf seiner Produkte an ein unmenschliches Regime gemacht. Daimler rechtfertigte sich mit der Aussage, dass die Warenlieferungen des Unternehmens „Immer im Einklang mit internationalen und bundsdeutschen Gesetzen“ gestanden hätten. Dem entgegnete Madlingozi: „Wir haben eindeutige Beweise, dass Daimler das Apartheid-Regime unterstützt hat. Das Unternehmen hat nach unseren Informationen sogar direkt mit den südafrikanischen Sicherheitskräften Verträge geschlossen.“ (FAZNET 26. Januar 2010).

Kehrtwende Südafrikas und der USA
Im April 2009 hatte Richterin Scheindlin ausdrücklich die Frage bejaht, dass Unternehmen für Vergehen unter dem Völkerrecht haftbar gemacht werden können und die Klagen zugelassen. Dagegen legten die beklagten Unternehmen Berufung ein. Zur Klärung dieser zentralen Frage holte der von ihnen angerufene Second Circuit die Stellungnahmen von interessierten Parteien ein. In einer sensationellen Kehrtwende widerrief daraufhin nicht nur die südafrikanische Regierung im September 2009 ihre Opposition mit einem Brief von Justizminister Radebe, sondern auch das amerikanische Justizministerium legte im Dezember im Gegensatz zu einer früheren Eingabe in einem ausführlichen Gutachten dar, weshalb Washington seinen Einspruch gegen die Klage zurückzieht.
Eine ganz andere Haltung nimmt die deutsche Regierung ein, die sich mit Vehemenz vor Daimler stellt und die Zuständigkeit der amerikanischen Gerichtsbarkeit für das deutsche Unternehmen bestreitet. Wie Khulumani verlauten lässt, tritt Daimler in Südafrika mit einem aktiven Lobbying auf, im Bemühen, Fürsprecher für seine Position zu gewinnen. Dabei wendet das Unternehmen auch unfeine Methoden an. In einem Brief an Präsident Zuma drohte Daimler, die geplante Erweiterung seiner Produktion aus Südafrika abzuziehen in ein Land, das ein günstiger gesinntes Umfeld biete. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Haltung des südafrikanischen Gewerkschaftsbundes COSATU, der sich hinter die Klagen gestellt hat.
Übrigens: Das Urteil des Gerichts wird bis Ende Juni erwartet, zeitgleich mit dem Anpfiff der WM.
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Konkrete Vorwürfe an Daimler
Wie Medico auf seiner Kampagnenseite aufführt, hat der Konzern seit 1978 mindestens 2’500 Unimogs an die südafrikanische Armee geliefert und klassifizierte diese Exporte als nur für den nichtmilitärischen Gebrauch bestimmt. Tatsächlich wurde der Unimog zum Standard in der südafrikanischen Armee und auf öffentlich in Armee-Paraden vorgeführt, zum Teil mit vielfachen Raketenwerfern bestückt.
www.medico.de/Kampagnen;
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Die Autorin Barbara Müller ist Koordinatorin der Kampagne für Entschuldung und Entschädigung im Südlichen frika KEESA und Vorstandsmitglied der Aktion Finanzplatz Schweiz AFP. Dieser Beitrag erschien in den Finanzplant Informationen 1/2010 des Aktion Finanzplatz Schweiz. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung
www.aktionfinanzplatz.ch; www.apartheid-reparations.ch;