Yangzom Brauen: Die eigene Bekanntheit nutzen, um auf den Tibet aufmerksam zu machen
Yangzom Brauen, wie ist die Idee zu diesem Buch entstanden?
In meiner Familie haben wir immer wieder darüber gesprochen, das Leben meiner Grossmutter aufzuzeichnen. Wenn wir mit meiner Grossmutter und Mutter über ihr Leben in Tibet sprachen, bemerkten wir jeweils, wie wenig wir darüber wissen. Vor allem meine Grossmutter trägt noch das alte Tibet in sich. Und es war mir ein Anliegen, diese alte Geschichte zu bewahren. Der konkrete Anlass, dieses Buch zu schreiben, war dann der Volksaufstand der Tibeter im letzten Jahr. Die Tibeter gingen auf die Strasse, auch wenn sie riskieren mussten, deswegen ins Gefängnis zu kommen. Für mich war klar, dass wir hier im Westen nicht aufhören dürfen, uns für Tibet einzusetzen. Mit «Eisenvogel» möchte ich Menschen für die Situation in Tibet sensibilisieren, auch solche, die noch nicht viel darüber wissen.
Sie sind seit längerem für Tibet aktiv, waren unter anderem Präsidentin des Vereins Tibeter Jugend in Europa (VTJE). Wie kam es dazu?
Wie bei den meisten Tibetern wurde ich schon als Kind zu Tibet-Demonstrationen mitgenommen. Als Tibeterin ist Politik automatisch ein Teil des eigenen Lebens. Es gab aber auch eine Phase als Teenager, da interessierte mich Tibet nicht sonderlich. Ich wollte auch nicht Tibetisch reden. Erst später wurde mir bewusst, dass Tibet ein wichtiger Teil von mir ist. Nach der Schauspielschule wollte ich mich dann konkret engagieren.
2001 wurden Sie in Moskau wegen einer Aktion bei der Vergabe der Olympischen Spiele an China verhaftet. Die Bilder wurden weltweit in den Medien ausgestrahlt.
Dieses Medienecho hätten wir niemals erwartet. Es war eine simple Aktion mit einem Plakat. Wir waren zu viert, drei Tibeter und ein Schweizer. Auf dem Plakat waren fünf Einschusslöcher in einer Wand in Form der Olympischen Ringe zu sehen. Darunter stand: „The Games of Beijing with Tibet“. Wir hatten die internationale Presse eingeladen. Kaum hielten wir das Plakat hoch, wurde es schon von der Polizei heruntergerissen. Ich begann zu den Journalisten über Menschenrechte in Tibet zu sprechen. Die russische Polizei zerrte mich schliesslich weg und wir kamen für eine Nacht ins Gefängnis. Auf der ganzen Welt wurden die Bilder der Verhaftung im Fernsehen ausgestrahlt. Und von da an waren Tibet und Menschenrechte immer ein Thema, wenn über die Olympischen Spiele berichtet wurde. Ich glaube, das grosse Medienecho hat auch viele Leute motiviert. Das haben die eindrücklichen Aktionen von San Francisco bis Paris im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 gezeigt. Sie wurden im Sommer 2008 von zahlreichen TV-Stationen eingeladen. Ja, die Journalisten interessierten sich für mich, weil ich damals in Moskau verhaftet worden war, aber auch, weil ich dazu noch Schauspielerin bin. Mir ist einmal mehr bewusst geworden, dass man als Künstlerin die eigene Bekanntheit nutzen kann, um auf Tibet aufmerksam zu machen.
Mit Ihrem Buch verfolgen Sie dasselbe Ziel. War es schwierig, einen Verlag zu finden?
Nein, überhaupt nicht. Das Thema ist heute sehr aktuell. Auch Verlage in den USA, Grossbritannien, Frankreich und Holland werden mein Buch publizieren.
Es wäre nahe liegend, dass Sie einmal in einer Verfilmung Ihres Buches mitspielen.
Diese Überlegungen gibt es. Ich wurde schon von Produzenten aus Deutschland angefragt. Aber für mich ist es noch zu früh. Jetzt wird das Buch auf Englisch übersetzt und ich möchte zuerst die Reaktionen in den USA und in Grossbritannien abwarten.
Yangzom Brauen: Eisenvogel. Drei Frauen aus Tibet. Die Geschichte meiner Familie. Heyne Verlag, München 2009, 416 Seiten, SFr. 34.90, Euro 19.95, ISBN 978-3453164048
Dieser Beitrag erschien in "Voice" 2-2009, dem Magazin der Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung.