Zimmerfrau will Chefin werden
"Cathy Youngblood in den Verwaltungsrat": die Angestellten der Hotelkette Hyatt forderten am 20. März in Chicago nicht weniger als eine Revolution in ihrem Unternehmen. Eine von ihnen, die 62jährige Zimmerfrau und Gewerkschaftsaktivistin Cathy Youngblood vom Hyatt Andaz in Hollywood, soll in die Chefetage des Multis aufsteigen.
Protest und Boykott
Zu ihrem Job als Zimmerfrau kam Cathy Youngblood auf Umwegen. Eigentlich hat sie einen Uni-Abschluss in Anthropologie, irgendwann aber keine neue Stelle mehr gefunden. Also nahm sie den Job im Hyatt an. Ihre Gewerkschaftskollegen und -kolleginnen jedenfalls sind von der "Spätzünderin", wie Youngblood sich selber nennt, überzeugt. Sie sagen, die Hotels würden besser laufen, "wenn jemand in der Firmenpolitik mitredet, der weiss, was die Beschäftigten Tag für Tag durchmachen müssen".
Die amerikanisch-kanadische Organisation der Beschäftigten in der Gastronomie und Textilindustrie wehrt sich seit Jahren gegen die miserablen Arbeitsbedingungen des Hyatt-Personals. Öffentliche Beachtung fand besonders ihre letzte Kampagne, "Hyatt macht krank", in der die Zimmerfrauen ihre Überlastung beklagten. In höchstens 16 Minuten müssen sie ein Zimmer reinigen und bekommen dafür nicht einmal vernünftiges Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Eine arbeitsmedizinische Studie beschreibt die Folgen dieser Arbeitssituation: zwei Drittel der Zimmerfrauen können als Folge des ständigen Hantierens mit den schweren Matratzen ihr Tagespensum nur unter Einnahme von Schmerzmitteln schaffen. Und das alles zu Stundenlöhnen von 8 bis 10 Dollar.
Die Antwort der Hotelkette auf die Klagen: In einer eigenen Studie liess sie sich bescheinigen, dass "Hausarbeiten grundsätzlich ungefährlich" sind. Und sie tauschte Stammpersonal durch billigere Leiharbeiterinnen aus, vorzugsweise Immigrantinnen, von denen noch weniger Widerspruch zu erwarten ist. Unite Here und andere Gewerkschaften, darunter die Vereinigung der Football-Profis, riefen daraufhin zum weltweiten Boykott der Hyatt-Hotels.
Eiskalter Hotelriese
An der Chicagoer Versammlung sagte Cathy Youngblood noch hoffnungsfroh: "Eine wie mich zu wählen würde Hyatt zum Modell für Amerikas Unternehmen machen. Und zwar zu einer Zeit, in der so viele Arbeiter sich zurückgelassen fühlen." Doch die Hoffnung der Gewerkschaftsaktivistin zerschellte jäh an der eiskalten Reaktion des Hotelriesen. Frau Youngblood könne bei der Neubestellung des Aufsichtsrats am 13. Juni leider nicht kandidieren, liess das Unternehmen verlauten. Denn sie habe die nötigen Unterlagen nicht rechtzeitig eingereicht.