Dürre, Wirbelstürme und überflutete Küstenregionen: Die Entwicklungsländer leiden unter der globalen Klimaerwärmung weit mehr als die Verursacher, die Industrienationen. Für Bangladesch zum Beispiel hat der Weltklimarat (IPCC) vorgerechnet, dass der erwartete Anstieg des Meeresspiegels bis 2050 mehr als ein Zehntel der Landesfläche unter Wasser setzen und über fünf Millionen Menschen in die Flucht zwingen wird. Die Ernteerträge des Landes werden nach Schätzungen des Uno-Entwicklungsprogramms UNDP bis dahin um rund 40 Prozent zurückgehen. Das Trinkwasser wird bereits vor 2050 knapp. Und all dies, obwohl Bangladesch über 20-mal weniger CO2 pro Kopf ausstösst (2004: 0,25 Tonnen) als die Schweiz (2004: 5,47 Tonnen).
Die veränderten klimatischen Bedingungen stellen arme Länder vor enorme Anpassungsprobleme. Sie müssen den Nahrungsmittelanbau radikal umstellen, neue Siedlungsgebiete erschliessen, Dämme bauen und Frühwarnsysteme einrichten. Das Sekretariat der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) schätzt, dass diese Anpassungsmassnahmen die Entwicklungsländer jährlich zwischen 28 und 67 Millionen Dollar kosten wird. Die Nichtregierungsorganisation Oxfam geht von mindestens 50 Milliarden Dollar aus, das Uno-Entwicklungsprogamm UNDP gar von 86 Milliarden.
Wer soll dieses Geld aufbringen, und wer soll es verteilen? Diese Fragen sorgen seit einiger Zeit für heftige politische Auseinandersetzungen. Die Entwicklungsländer sind nicht bereit, einem Klimaabkommen zuzustimmen, das die Finanzierung der Anpassungskosten nicht gerecht und verbindlich regelt. Eine solche Regelung fehlt bisher. Zwar gibt es schon jetzt zahlreiche multilaterale Klimafonds, doch sind die freiwilligen Einzahlungen der Industrieländer spärlich. Ausserdem herrscht zwischen den Fonds beträchtliche Konkurrenz: Die Industrieländer bevorzugen jene, in denen die Entwicklungsländer am wenigsten zu sagen haben.
Viel Fonds mit wenig Mitteln
Im Jahr 2001 richtete die globale Umweltfazilität GEF, das Finanzierungsprogramm der Klimarahmenkonvention, zwei multilaterale Fonds ein: den Special Climate Change Fund (SCCF) und den Least Developed Countries Fund (LDCF). Sie sollen die Entwicklungsländer bei der kostspieligen Anpassung unterstützen. Die beiden Fonds wurden der Weltbank unterstellt, was die Entwicklungsländer wegen ihrer geringen Mitsprachemöglichkeiten als undemokratisch kritisierten. Nach zähen Verhandlungen setzten sie im Verwaltungsrat ein System der doppelten Stimmenmehrheit von Geber- und Nehmerländer durch. Die beiden Fonds decken allerdings nur einen Bruchteil der tatsächlich benötigten Gelder ab. In den SCCF wurden von 2001 bis Anfang März 2008 gerdade einmal 74 Millionen US-Dollar eingezahlt, in den LDCF 92 Millionen.
Ein wichtiger Grund für die mangelhafte Finanzierung der GEF-Fonds liegt bei der Weltbank selber. Denn seit die Entwicklungsländer dort mehr zu sagen haben, schuf sie eine Reihe von eigenen Fonds, die den GEF konkurrenzieren. So den 2008 eingerichteten Strategic Climate Fond (SCF) und das von ihm finanzierte Pilot Program for Climate Resilience. Fonds und Programm werden von Gremien gesteuert, in denen Entwicklungsländer und Industrieländer paritätisch vertreten sind. Entwicklungsländer und zivilgesellschaftliche Organisationen kritisieren aber, dass die hart erkämpften Bestimmungen der Klimarahmenkonvention in den Statuten dieser Weltbankfonds nur als Leitlinien, nicht als bindende Verpflichtungen gelten und dass die Fonds in wichtigen Punkten davon abweichen. Zum Beispiel erfolgt die Auszahlung der Fondsmittel zum Teil über verzinste Kredite, und bei den nichtrückzahlbaren Finanzierungenselementen besteht für die Geberländer die Möglichkeit, sie von den Entwicklungshilfebudgets abzuziehen.
Der "Bali-Fonds"
Wegen der Unzufriedenheit der Entwicklungsländer mit den Weltbank-Fonds wurde an der Klimakonferenz in Bali (2007) ein weiterer multilateraler Fonds beschlossen: der Kyoto Protocol Adaptation Fund. Dieser neue Anpassungsfonds kann, im Unterschied zu den bisherigen, mit einigermassen sicheren Einnahmen rechnen, soll er doch aus einer Steuer auf den Emissionshandel gespiesen werden. Nach jüngsten Berechnungen kann der Fonds damit aber nur gerade 1 Prozent des tatsächlichen Bedarfs decken. Viele Entwicklungsländer drängen deshalb auf zusätzliche Finanzierungsquellen – bislang erfolglos. Erfolg hatten die Entwicklungsländer hingegen bei den Verhandlungen über die Zusammensetzungen des Verwaltungsrates: Sie stellen darin die Mehrheit.
Der Schweizer Vorschlag
Einer der sinnvollsten Vorschläge, wie der Anpassunsfonds gefüllt werden könnte, stammt aus der Schweiz. Sie hat 2006 die Idee einer globalen CO2-Abgabe eingebracht, die allein im kommenden Jahr bis zu 50 Milliarden Dollar bringen könnte. Allerdings hat die Schweiz kein klares Bekenntnis abgelegt, dass die Abgabe allein in den Bali-Fonds fliessen soll. An den Klimaverhandlungen von Anfang April liess sie verlauten, man prüfe alle Möglichkeiten, auch die Weltbank-Fonds sei als Verteilzentrale denkbar.
Entwicklungsländer und Nichtregierungsorganisationen sind hier anderer Meinung. Die Weltbank ist als globale Klimabank ungeeignet: Man würde den Bock zum Gärtner machen. Sie finanziert über ihr ordentliches Budget immer mehr klimaschädigende Kohlekraftwerke und puscht die Erdölförderung. An den GEF-Fonds wird kritisiert, dass sie in Entwicklungsländern mit hoher Armutsquote bislang deutlich weniger Projekte finanzierte als in solchen mit geringer Armut. Mit der Finanzierung der Klimaanpassung sollten darum nur der Bali-Fonds oder eine neue Institution unter der Leitung des Sekretariats der Klimarahmenkonvention betraut werden.
Der Artikel erschien in: Global Nr. 34/Sommer 2009. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Weitere Informationen: www.alliancesud.ch; Bild: bristol.indymedia.org