Modest Reception – Paziraie Sadeh
Ein Mann und eine Frau fahren durch eine entlegene Bergregion. In ihrem Kofferraum führen sie Plastiktüten voller Geld mit, die sie unterwegs an Menschen verteilen, egal, ob diese es wollen oder nicht. Immer wieder verknüpfen sie ihre milde Gabe an Bedingungen, und dabei schrecken sie vor nichts zurück. Warum sie das viele Geld haben und verteilen, bleibt nebensächlich in dieser Parabel über Geld und Moral. «Modest Reception» ist nach «A Separation» ein weiteres Beispiel der ungeheuren Erzählkraft des aktuellen iranischen Kinos, das nicht zuletzt verdeutlicht, wie unter schwierigen Bedingungen die explosivsten und kühnsten Filme entstehen können.
Geld und Moral
Allein die ersten fünf Filmminuten sind im Spielfilm «Modest Reception» schon eine Wucht. Selten wird man so tollkühn in eine Handlung eingeführt, in keinem Augenblick weiss man, wie die Dinge stehen und was sich da wirklich abspielt. Nicht, dass die Handlung zu diesem Zeitpunkt besonders komplex wäre, aber sie überrascht. Und damit ist der Tarif fürs Kommende vorgegeben. Wir schauen als Erstes einem streitenden Paar zu, das an einen Kontrollposten geraten ist und sich einfach ausweisen sollte, und wir sind genauso verblüfft wie der Soldat, der nach den Ausweisen gefragt hat. Mani Haghighi packt sein Publikum in den Fourwheeldrive mit ein, in dem er selber als Kaveh und die Schauspielerin Taraneh Alidoosti als Leyla sitzen. Als Darstellende kennen sich die beiden von der Arbeit an mehreren Filmen her, darunter «About Elly» von Asghar Farhadi.
Wenn in Modest Reception zwei Figuren im Auto in den Bergen unterwegs sind, so wird alles andere als Beschaulichkeit gesucht: Hier fetzt es und hier wird verschmitzt geschmunzelt und teuflisch gelacht. Bis allen die Worte im Hals stecken bleiben. Zur dramatischen Erzählkunst und dem Spiel in der Landschaft gesellt sich in Modest Reception die ungemeine Lust, die Realität an den Rand des Abgrunds zu führen oder darüber hinaus, und damit wären wir bei der grossen Kunst des Absurden angelangt, die Haghighi beherrscht.Gespielt wird um Geld und damit um das, was uns Menschen als künstliche Kraft vom Leben abhält und ablenkt, denn wo wir auch hinschauen, zählen alle, was sie haben und nicht was sie sind. Mani Haghighi macht nichts anderes, als uns dies am Rand von Welt und Gesellschaft wieder einmal vor Augen zu führen und dabei zu zeigen, wie die Moral im wahrsten Sinn auf der Strecke
bleibt und mit ihr der Mensch.
Weitere Informationen: www.trigon-film.ch