Snow
Sechs Frauen, ein alter Mann und fünf Kinder leben in Slavno, einem kleinen Dorf, das fernab der Welt zu liegen scheint und doch in den 90er Jahren vom Krieg in Bosnien heimgesucht worden war. Jetzt soll ihr Dorf für ein Ferienzentrum an Serben verkauft werden. Sollen die Frauen das Angebot wahrnehmen und ihr verlassenes Dorf abgeben? Oder sollen sie bleiben? Das vielversprechende Debüt einer jungen Filmerin, sanft und berührend. Witzig ist es selten im vom Balkankrieg zerstörten, bosnischen Dorf Slavno. Nur wenn die überlebenden Frauen ihre verstorbenen Ehemänner und andere tote Familienmitglieder pantomimisch darstellen, um ihre Kinder aufzuheitern, wird, so makaber dies auch klingen mag, gelacht.
Die verbliebenen Dorfbewohner in Aida Begićs Snow (Snijeg) müssen sich zwei Herausforderungen stellen: Zum einen dem täglichen Kampf ums Überleben, zum anderen der verzweifelten Suche nach vermissten und tot geglaubten Angehörigen. Unter der frustrierten Dorfbevölkerung keimt jedoch neue Hoffnung auf, als ein zufällig vorbeikommender Lastwagenfahrer verspricht, sämtliche Erzeugnisse aufzukaufen, und ihnen somit zu bescheidenem Wohlstand zu verhelfen.
Zeitgleich versucht jedoch ein grosser Baukonzern, sich die gesamten Ländereien anzueignen und alle Bewohner aus ihrer Heimat zu vertreiben. Nur Alma, eine der Anwohnerinnen, deren Ehemann im Krieg fiel, glaubt noch an den finanziellen Aufstieg ihres Dorfes durch den Handel mit eingelegtem Obst.
Begićs Erstling vermittelt ein sehr authentisches Bild der Nachkriegssituation in Bosnien, wirkt allerdings nicht dokumentarisch, da er auch einige fantastische Elemente, wie die binnen weniger Stunden lang wachsenden Haare eines Waisenjungen im Dorf, beinhaltet. Auch die ungewöhnlich lange Produktionszeit von fünf Jahren trug zur hohen Qualität bei. Die Schauspieler hatten Zeit sich mit ihrer Rolle auseinanderzusetzen und entwickelten, laut der Regisseurin, aus einer skizzenhaften Drehbuchvorgabe selbst Charaktere mit tiefer Prägung. So ist etwa der Gesang eines der überlebenden Mädchen kein traditionelles bosnisches Kinderlied, sondern eine während der Dreharbeiten entstandene Eigenkomposition der jungen Darstellerin. Als die Frauen am Ende des Films die bislang verschollenen Körper ihrer toten Angehörigen finden und diese begraben können, fällt der erste Schnee, der sich über die Schmerzen der Vergangenheit legt und ihnen ermöglicht, darin Spuren einer neuen friedvolleren Zeit zu hinterlassen.
Weitere Informationen: www.trigon-film.ch