1. Was ist SAF?

SAF bezeichnet nachhaltige Flugkraftstoffe, die fossiles Kerosin direkt ersetzen und «drop-in» in gängigen Triebwerken genutzt werden können. Theoretisch lassen SAF den Einsatz nicht-fossiler Treibstoffe in herkömmlichen Flugzeugen zu. Sie lassen sich aus Biomasse oder synthetisch aus Strom, Wasserstoff und CO₂ herstellen.  Jedoch birgt deren Einsatz einige problematische Seiteneffekte, welche heute – und sehr wahrscheinlich auch noch zukünftig – die Flugbranche nicht ökologischer machen wird.

SAF: Viele Nachteile der Technologie sollten die SAF-Euphorie der Reisebranche und Airlines eigentlich dämpfen.SAF: viele Nachteile der Technologie sollten die Euphorie der Reisebranche dämpfen

2. Wie werden SAF produziert – und was sind die Herausforderungen?

SAF lassen sich grundsätzlich aus zwei Quellen herstellen: aus Biomasse (z. B. Altspeiseöle, pflanzliche Abfälle) oder synthetisch aus Strom, Wasserstoff und CO₂. Die bio-basierten Varianten machen heute noch den grössten Anteil aus, sind aber mengenmässig begrenzt und ökologisch umstritten, etwa durch indirekte Landnutzungseffekte oder den Einsatz von Palmölderivaten.

E-SAF, also synthetische SAF aus Strom und CO₂, gelten als besonders klimafreundlich – allerdings nur, wenn sie mit sauberer Energie hergestellt werden. Bei diesem Verfahren wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff gespalten, der mit CO₂ (aus der Atmosphäre oder industriellen Quellen) zu synthetischem Kerosin verbunden wird. Der gesamte Prozess gehört zur Kategorie «Power-to-Liquid» (PtL), da es elektrische Energie in Flüssigkeit bindet.

Aktuell gibt es erste Pilotanlagen wie Arcadia eFuels in Dänemark, die teilweise mit Wind- oder Solarstrom arbeiten – allerdings ist der Strommix in der Praxis oft noch nicht vollständig erneuerbar. In vielen Regionen wird der Strombedarf durch Netzstrom gedeckt, der fossile Anteile enthält, beispielsweise in Nordamerika.

Die Nachfrage nach SAF wächst – aber die Versorgung mit «sauber» hergestelltem SAF kann kaum mithalten. Laut der Luftfahrtorganisation IATA wurden im Jahr 2023 nur rund 0,2 % des weltweiten Kerosinverbrauchs durch SAF ersetzt. Selbst bei starkem Ausbau erwarten Szenarien bis 2030 Anteile von maximal 5–10 % – und das unter idealisierten Bedingungen. Carlos López de la Osa von Transport & Environment kommentierte dazu im Gespräch mit fairunterwegs: «Es gibt schlicht nicht genug nachhaltige Ressourcen, um unbegrenztes Wachstum zu ermöglichen.»

Ein weiterer zentraler Aspekt ist der Energieverlust. Bereits bei der Herstellung von E-SAF gehen rund zwei Drittel der eingesetzten elektrischen Energie verloren. Hinzu kommt, dass auch bei der Verbrennung im Flugzeugtriebwerk nur etwa zwischen 30 und 50 % der chemischen Energie tatsächlich in Schub umgesetzt werden – der Rest geht als Wärme verloren.

Zum Vergleich: Wird 1 kWh Strom direkt für einen Elektromotor genutzt, z. B. im Zug oder Elektroauto, kommen etwa 70–80 % der Energie beim Antrieb an. Wird dieselbe 1 kWh Strom in E-SAF umgewandelt und später im Flugzeug verbrannt, bleiben nur 10–15 % der ursprünglichen Energie als nutzbare Antriebsleistung übrig.

Energieeffizienz von Transportmethoden
Energieeffizienz von Transportmethoden

Dieser hohe Energieverlust macht deutlich: SAF – insbesondere E-SAF – sind nur dann eine sinnvolle Lösung, wenn es keinen besseren Weg gibt, die eingesetzte Energie zu nutzen, z. B. auf Langstreckenflügen. Bei Kurzstrecken sind direktelektrische Alternativen im Bodentransport (beispielsweise Nachtzüge) immer effizienter und klimafreundlicher.

3. Umweltwirkung – reicht SAF alleine?

SAF kann im Lebenszyklus den CO₂-Ausstoss im Vergleich zu herkömmlichem Jet-Kerosin um bis zu 80 % mindern – vorausgesetzt, der Produktions- und Betriebsstrom stammt vollständig aus erneuerbaren Energien. Zudem reduziert es Russpartikel und Kondensstreifen. Ohne sauberen Strom nutzt E‑SAF jedoch wenig – bei unsauberem Strom bleibt der Klimavorteil (sehr) gering.

Carlos López de la Osa von der NGO Transport & Environment sagt dazu, dass es schlicht nicht genügend natürliche Ressourcen gäbe, um das Wachstum des Flugverkehrs zu ökologisch zu gestalten und betrachtet den Einsatz von SAF nur dann als gewinnbringend an, wenn der Sektor reguliert werden würde.

4. Was kostet SAF und wie steht es um die EU-Regulierung?

SAF ist heute 2–8-fach teurer als fossiles Kerosin. E‑SAF liegt am oberen Ende der Skala . Die EU fördert den Einsatz durch Subventionen von bis zu 6 €/l für E‑Fuels und verpflichtet Flughäfen, bis 2025 2 % und bis 2030 6 % SAF einzusetzen. Kritisch ist, dass diese Förderung durch Einnahmen aus dem CO₂-Emissionshandel finanziert wird – was kurzfristig wichtige Investitionen ermöglicht, aber – wie im Falle der Schweiz – dazu führen kann, dass Subventionen von nachhaltigeren Transportmitteln wie Nachtzügen zu Airlines umverteilt werden.

E-Fuels sind kompliziert. Wer hilft weiter?

Harald Lesch ist deutscher Astrophysiker, Naturphilosoph, Wissenschaftsjournalist, Fernsehmoderator und Hörbuchsprecher und gestaltet die Wissenschaftssendung Terra X auf ZDF mit. In diesem Video erklärt er anschaulich die Produktion, Verwendung und das tatsächliche Potential von E-Fuels und wendet die Erkenntnisse auf den ganzen Transportbereich an.

Wie lässt sich der Einsatz von SAF verantwortungsbewusst fördern?

Wenn SAF, dann E-Fuels

Welche Bedeutung SAF für eine Dekarbonisierung des Luftverkehrs zukommt, darüber besteht bei Umwelt- und Klimaschutzorganisationen Uneinigkeit. Einig ist man sich in der Forderung, dass SAF nicht aus Biomasse, die auch der Ernährung dienen kann, hergestellt werden darf. 

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