Der junge Autor Rattawut Lapcharoensap, geboren in Chicago, aufgewachsen in Bangkok, erzählt in seinem gefeierten Debüt von einem Thailand, das wir so nicht kennen: fern von exotischen Stereotypen und ganz nah dran am modernen Leben.

So zum Beispiel in der preisgekrönten Geschichte Farangs, in der der junge Erzähler sich in eine amerikanische Urlauberin verliebt, die wie alle Farangs – Touristen – in Thailand nur Elefanten und Sex sucht, dann aber überraschend die Bekanntschaft eines Hausschweins namens Clint Eastwood macht. Lapcharoensap zeigt dem Leser immer, was hinter dem scheinbaren touristischen Paradies liegt. Er erzählt vom Zerbrechen einer Jungenfreundschaft während der Musterung fürs thailändische Militär, von einem Sohn, der einmal mit seiner allmählich erblindenden Mutter Sightseeing auf der Ferieninsel Koh Lukmak machen möchte, bevor er sie in Bangkok zurücklassen muss, um aufs College zu gehen. Oder von Priscilla, dem kambodschanischen Flüchtlingsmädchen, die ihrem thailändischen Spielgefährten einen Goldzahn, ihren letzten wertvollen Besitz, als Freundschaftsbeweis schenkt, nachdem ihre Wellblechhütte von Thais in Brand gesetzt worden ist. 

Mit grosser Wärme, Intelligenz und Humor beweisen seine Erzählungen, was Literatur eben auch kann: Uns eine Welt und Menschen näher bringen, von deren Leben wir bislang nur eine vage Vorstellung hatten. 

Rattawut Lapcharoensap: Sightseeing, Erzählungen KiWi-Taschenbuch 2006, 240 Seiten. CHF 14.90. ISBN: 978-3-462-03687-9.