Tunesien: Kehrseite des Rekordes
Erstmals wird dieses Jahr in Tunesien voraussichtlich die Rekordmarke von vier Millionen ausländischen BesucherInnen überschritten. Besonders anziehend auf die TouristInnen wirken die preiswerten Angebote – Tunesiens Hotels und Pauschalarrangement zählen zu den billigsten im Mittelmeerraum – sowie die relative Sicherheit im Vergleich etwa zu Ägypten, Algerien oder der Türkei. Ruhe und Ordnung zum Schutz der ausländischen Gäste haben allerdings ihren Preis: Polizeistaat (laut Gewerkschaftskreisen stehen landesweit 250’000 Polizisten im Einsatz), ein engmaschiges Netz von Kontrolle und Zensur, politische Gefangene, darunter rund 3000 islamische Fundamentalisten. Auch der Billigtourismus hat bekanntlich seine Kehrseite: Die TouristInnen geben vor Ort praktisch kein Geld aus; Branchenleute klagen ausserdem über sinkende Margen, die sie zu Einsparungen im Unterhalt und bei der Ausbildung des Personal nötigen. Tourismus ist der wichtigste Devisenbringer Tunesiens, und da scheut die Regierung auch gewichtige Ausgaben nicht, um das Geschäft am Blühen zu erhalten: Im Sommer 1994 hat die Weltbank ein neues Darlehen in der Höhe von 58 Millionen Dollar bewilligt für ein Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsprojekt, das unter anderem auch dem Tourismus zugute kommen soll.
Jeune Afrique 1756, 1.-7.9.94; Basler Zeitung 26.8.94; Weltbanknachrichten 11.8.1994/cp