NROs nehmen Stellung zur „Konvention über Biologische Vielfalt“ (CBD): Nord-Süd-Dialog zu Tourismus und Biodiversität
Im Vorfeld der 5. Vertragsstaatenkonferenz (COP-5) der „Konvention über Biologische Vielfalt“, die im Mai 2000 in Nairobi stattfinden wird, haben sich am 9. und 10. März VertreterInnen von Nicht-Regierungsorganisationen (NROs) und Indigenen Bevölkerungsgruppen aus 24 Ländern zu einem Internationalen Workshop zu „Tourismus und Biodiversität“ in Berlin zusammengefunden. Mit einer gemeinsamen Stellungnahme zuhanden der Vertragsstaatenkonferenz, die am 12. März der Presse vorgestellt wurde, soll erreicht werden, dass die Anliegen der lokalen und indigenen Bevölkerungsgruppen stärker berücksichtigt werden, wenn über die Erhaltung der biologischen und kulturellen Vielfalt im Zusammenhang mit Tourismus verhandelt wird. Bereits haben über 35 Organisationen das Papier unterschrieben. Nicht-Regierungsorganisationen weltweit sind nun aufgerufen, sich dem anzuschliessen.
Bereits 1999 hatte sich die Kommission für Nachhaltige Entwicklung (CSD) der Vereinten Nationen schwerpunktmässig mit Tourismus und nachhaltiger Entwicklung auseinandergesetzt. Sie empfahl, das Thema im Rahmen der „Konvention über Biologische Vielfalt“ (CBD) weiter zu verhandeln, was nun vom 15. bis 26. Mai 2000 an der 5. Vertragsstaatenkonferenz in Nairobi geschehen soll. Wichtiger Diskussionspunkt wird das Empfehlungspapier zur „Nachhaltigen Nutzung von biologischen Ressourcen, wie Tourismus“ sein, welches das wissenschaftliche Nebenorgan der CBD (der „Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological Advice, SBSTTA) ausgearbeitet hat. Bereits vor einem Jahr haben Nicht-Regierungsorganisationen aus dem Norden – unter anderem akte – kritisch zu diesen Empfehlungen Stellung genommen (vgl. www.akte.ch). Doch die lokale Bevölkerung im Süden – insbesondere die indigenen Bevölkerungsgruppen, welche die Regionen mit der grössten biologischen Vielfalt bewohnen und zunehmend mit Tourismus konfrontiert sind – hat in den internationalen Verhandlungen keine Stimme. Den Austausch zwischen Süd und Nord zu intensivieren war deshalb erklärtes Ziel des Internationalen Workshops, den der ad-hoc Arbeitskreis „Tourismus“ des deutschen NRO-Forums Umwelt & Entwicklung Mitte März 2000 in Berlin organisierte. Mit Unterstützung des deutschen Bundesministeriums für Umwelt wurden führende VertreterInnen von Nicht-Regierungsorganisationen und Indigenen Bevölkerungsgruppen aus den touristischen Zielländern in Afrika, Asien und Lateinamerika sowie aus den Staaten Mittel- und Osteuropas eingeladen, sich während zweier Tage zum Thema Tourismus und Biodiversität auszutauschen. Dabei wurde insbesondere von den VertreterInnen aus dem Süden hervorgehoben, dass vielerorts als „Ökotourismus“ bezeichnete Tourismusaktivitäten das Schwinden der biologischen und kulturellen Vielfalt beschleunigt hätten (z.B. indem die ansässige Bevölkerung den Zugang zu Land und anderen Ressourcen verliert). Sehr besorgt zeigten sie sich darüber, dass die Vereinten Nationen das Jahr 2002 zum „Internationalen Jahr des Ökotourismus“ erklärt haben, ohne dass im CSD- oder CBD-Prozess klar definiert wäre, was darunter zu verstehen sei.
Die beteiligten Organisationen verabschiedeten eine Stellungnahme mit Empfehlungen zuhanden der Vertragsstaatenkonferenz in Nairobi, die am 12. März an der Internationalen Tourismusbörse Berlin der Presse vorgestellt wurde. Nicht-Regierungsorganisationen weltweit sind nun aufgerufen, sich diesem Papier (vgl. www.iz3w.org) anzuschliessen. Es sei wichtig, dass der Tourismus ein Verhandlungsgegenstand innerhalb der Biodiversitätskonvention bleibe, erklären die beteiligten NROs. Allerdings müsse die Vertragsstaatenkonferenz sicherstellen, dass die Bedingungen geklärt werden, unter denen der Tourismus auch wirklich zur Erhaltung der biologischen und kulturellen Vielfalt beitrage und den lokalen Gemeinschaften einen Nutzen bringe. Nachhaltigkeit im Tourismus – so steht in der Stellungnahme – darf nicht auf die bereits geschützten bzw. „vorrangigen“ Gebiete beschränkt bleiben, wie das der Vorschlag der SBSTTA vorsieht. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Indigene Bevölkerungsgruppen und lokale Gemeinschaften von Grund auf informiert und sinnvoll beteiligt werden, wenn Themen wie Tourismus und nachhaltige Entwicklung im Rahmen der Biodiversitätskonvention behandelt werden. Es gelte diese Gruppen finanziell zu unterstützen, meinen die NROs, damit sie Kriterien, Indikatoren, Frühwarnsysteme und Richtlinien entwickeln könnten, die sowohl die kulturellen und ökologischen Aspekte der Biodiversität umfassen. Auch sollten die Vertragsstaaten darauf verzichten, Tourismusentwicklung und -promotion zu betreiben, bevor sie eine umfassende Abwägung und Planung vorgenommen und Mechanismen eingeführt haben, die sicherstellen, dass die Nutzen (und Lasten) des Tourismusgeschäftes gerecht verteilt werden. Damit sich solche Vereinbarungen aber auch in der Realität umsetzen lassen, müssen die Vertragsstaaten dafür sorgen, dass die im Rahmen der CBD getroffenen Vereinbarungen nicht durch Bestimmungen in anderen internationalen Abkommen unterlaufen werden können. /frei
Quellen: „NGO-Stellungsnahme zu Tourismus und Biologischer Vielfalt“ zuhanden der Vertragsstaatenkonferenz der Biodiversitätskonvention vom 15. bis 26. Mai 2000 in Nairobi; Pressemitteilung des ad-hoc Arbeitskreis „Tourismus“ im Forum Umwelt & Entwicklung vom 12.3.2000; Tagungsunterlagen des Internationalen Workshops „Tourismus und Biodiversität“ vom 9./10.3.2000; eigene Recherchen
Um die NRO-Stellungnahme zu unterschreiben, senden Sie ein Mail an Ökologischer Tourismus in Europa (Ö.T.E.): oete-bonn@t-online.de