In der Herbstsession des Bundesparlaments tauchte die Landschaftsinitiative endlich wieder ans parlamentarische Tageslicht: Der Nationalrat behandelte den Gegenvorschlag, der zuvor fast ein Jahr lang abseits der Öffentlichkeit in seiner vorberatenden Kommission feststeckte. Damit stand die Landschaftsinitiative im September vor einem wichtigen Meilenstein.

Vor der Debatte hat der Verein "Ja zur Landschaftsinitiative" hat allen Mitgliedern des Nationalrates seine Forderungen an einen tauglichen Gegenvorschlag in einem Brief mitgeteilt. Es fanden zahlreiche Gespräche mit Nationalrätinnen und Nationalräten aller Fraktionen statt. Am Morgen der Debatte wurden die eintreffenden Parlamentsmitglieder von den Initianten vor dem Bundeshaus mit einer Ovo begrüsst  und aufgefordert, der Schweizer Raumplanung mehr Kraft zu geben – schliesslich hat die Werbung ja früher versprochen, dass Ovo Wunder wirkt. Jedoch: Am Ende der fünfstündigen Debatte war das Raumplanungsgesetz schwächer als vor der Debatte. Leider hatte sich ein jüngerer Slogan bewahrheitet: "Mit Ovo kannst Du’s nicht besser, aber länger."

Griffige Elemente weggeblasen
Die Debatte entwickelte sich zum über siebenstündigen Herbststurm, der den Gegenentwurf zerzauste und ein griffiges Element nach dem anderen aus der Vorlage riss. Der Vorschlag der Kommission wollte den Kantonen die Wahlfreiheit lassen, entweder neue Bauzonen durch Auszonungen an anderer Stelle zu kompensieren oder eine Abgabe auf den Mehrwert zu erheben, der bei Ein-, Um- und Aufzonungen von Bauland den Grundstückbesitzern zufällt.
Doch beide Varianten fielen der Mehrheit im Nationalrat zum Opfer. Auch die Verpflichtung der Kantone, überdimensionierte Bauzonen zu verkleinern, konnte dem Sturm nicht trotzen.

Letzte Chance für den Ständerat
Damit kommt der Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative etwa so zahnlos aus dem Nationalrat, wie er vom Bundesrat vor fast zwei Jahren vorgeschlagen worden war.
Nun ist die Reihe wieder am Ständerat, weil sich die beiden Kammern am Schluss auf einen gemeinsamen Gegenvorschlag einigen müssen. Ein tauglicher Gegenvorschlag kann nur entstehen, wenn die griffigen Elemente den Winter im Ständerat überleben und im Nationalrat ein Frühlingserwachen feiern. Nur damit könnte die Raumplanung vom "Laisser-faire" vieler Kantone weggebracht werden, in Richtung einer haushälterischen Bodennutzung.
Nur dann könnte auch ein tauglicher Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative entstehen. Falls nicht, geht das Initiativkomitee gestärkt und zuversichtlich in die Volksabstimmung. Der Trägerverein, Pro Natura und die anderen Organisationen, die hinter der Initiative stehen, sind finanziell, inhaltlich und organisatorisch gerüstet.
Dieser Beitrag ist dem Pro Natura Magazin 5/2011 entnommen und wurde hier, vom Autor aktualisiert, mit freundlicher Genehmigung wiedergegeben.