Antonia Merz: Sag doch erst mal dein Name, deine Position und dein Alter, bitte. 

Albrecht Butler-Fink: Alter? (lacht). Also mein Name Albrecht Butler-Fink. Position momentan noch Küchenchef im Biorestaurant in Konstanz, Eugens, und das seit 10 Jahren. Ich bin 49.

AM: Die Gastronomie gehört zum Tourismus. Da wir immer wieder Zuschriften bekommen, dass angepasste Öffnungszeiten in der Gastronomie zu finden sind, weil man keine Arbeitskräfte mehr findet, ist meine erste Frage: kennst du dieses Problem auch? 

AF: Das haben wir ganz klar dieses Jahr auch gehabt. Auch gekürzte Öffnungszeiten, fast um auf ein Drittel runtergestaucht, sodass man wirklich nur noch eine Schicht hat. Wir haben es gerade so geschafft das zu wuppen. Und man sieht die Nachfrage ist da, es liegt wirklich an den Arbeitskräften, also nicht daran, dass man keine Kund*innen mehr hat. Und woran liegt’s? Ganz weiss ich das auch nicht. Es scheint ja in vielen handwerklichen Branchen ein Problem zu sein, nicht nur in der Gastronomie. Und natürlich sind die Arbeitszeiten ein Thema, denke ich. Und an der Bezahlung, die natürlich auch nicht gerade besser geworden ist während Corona.  

AM: Was kriegt man denn bei euch pro Stunde ungefähr? 

AF: Etwas über dem Mindestlohn. 

AM: Ok.  

AF: Mit Ausbildung in der Küche oder im Service schon mehr.  

AM: Also ich habe Arbeitszeiten und Lohn gehört, gibt es sonst noch was? 

AF: Ich weiss nicht, ob es als stressig empfunden wird. Das kann ich dir nicht genau sagen, dafür bin ich schon zu lange im Game. Da kann man nicht mehr so ganz abschätzen, ob andere das stressig finden. Aber bestimmt, da ist auch ganz klar ein Performancedruck in der Gastronomie, den man in anderen Bereichen vielleicht nicht so hat. Dass man direkt an den Kund*innen ist, direktes Feedback bekommt, ob’s gut oder schlecht war, ist natürlich eine andere Herausforderung als in einem Bürojob.  

AM: Bist du ein Küchenchef der Schlüssel durch die Gegend schmeisst, hinter dem Servicepersonal her?  

AF: Nein (lacht). 

AM: (lacht) 

AF: Nein, also ich glaube das Thema ist weniger geworden, behaupte ich jetzt mal. Also, dass der cholerische Küchenchef weniger geworden ist. Aber es gibt ihn noch. Die Küche ist immer noch in militärischen Begriffen organisiert.  

AM: Echt?  

AF: Ja, Küchenbrigade heisst das.  

AM: (lacht) 

AF: (lacht) Ja, das kommt daher.  

AM: Sauber, Herr Oberfeldwebel. Oder was bist du dann? Wahrscheinlich mehr, oder? 

AF: (lacht) Weiss ich nicht, ich kenn mich im Militär nicht aus. Dienstverweigerer.  

AM: Das nehmen wir auch mit auf. Und bei deiner beruflichen Neuorientierung brauchst du bestimmt auch wieder Personal.  

AF: Ja. 

AM: Welche Massnahmen würdest du ergreifen, damit das Personal auch kommt?  

AF: Ich denke eine gewisse Flexibilität muss man haben. Aber das ist natürlich schwierig, wenn du Öffnungszeiten hast. Man kann ja nicht einfach nur Gleitzeit anbieten und jede*r kann kommen und gehen, wann er oder sie möchte. Das ist natürlich eine Sache von Vereinbarkeit von Familie, Beruf, Freizeit. Aber man versucht halt so viel wie möglich entgegenzukommen.    

AM: Du als überzeugter biologischer Koch in einem zertifizierten Bio-Restaurant, da würde man jetzt denken, dass das Kundensegment auch bereit ist, etwas für das gute Essen zu bezahlen. Also nicht nur für die Rohstoffe, sondern auch für das schonende Kochen, das alles selbst hergestellt ist, usw. Siehst du für dich in diesem Segment auch die Möglichkeit die Menschen besser zu bezahlen? 

AF: Wird sich zeigen. Also wünscht man sich natürlich. Aber so ganz ist die Bereitschaft der Gäste nicht da. Bio ist kein reiner Luxussektor. Wenn man einen Schmuckladen hat, dann hat man ein reiches Publikum, was wirklich bereit ist, jeden Preis zu bezahlen. Ich glaube, dass ist im Lebensmittelbereich und in der Biobranche nicht unbedingt so. Weil auch viele junge Leute, Studierende und so weiter zu uns kommen, da merkt man dann schon, dass der Preis nicht nach oben offen sein kann.  

AM: Das heisst, es braucht auch noch eine Bewusstseinsbildung auf der Ebene Handwerk. Also, dass einfach Dinge, die handwerklich hergestellt werden, auch im Lebensmittelbereich einen höheren Aufwand bedeuten und dadurch auch mehr kosten. 

AF: Ich glaube allgemein auch eine grössere Wertschätzung für Lebensmittel und Ernährung. Ich glaube, Deutschland ist das Land in Europa, welches im Schnitt am wenigsten für Lebensmittel ausgibt. Das spiegelt sich da drin. Geiz ist geil (lacht). Also ich glaube da ist die Schweiz schon ganz anders.  

AM: Nein, du wirst einfach gezwungen. Also die Standards sind einfach höher. Zum Beispiel Tierhaltung, aber die sind nicht so hoch, dass sie dem Biostandard genügen.  

AF: Aber die Regionalität, die in der Schweiz gefördert wird, das hast du ja in der Schweiz ganz stark und das kostet mehr.  

AM: Ja gut. 

AF: Meinst du das ist erzwungen?  

AM: Ich meine, die Schweiz hat auch ein Selbstversorgungsprozent von 55%. Alles andere kommt aus dem Ausland. Und da muss ich dir einfach schon sagen, man kann in der Schweiz schnell mal sagen kann, es sei regional, egal woher es kommt. Es braucht nie länger als drei Stunden.  

(Beide lachen)